Lagerung und Konservierung

In diesem Bereich soll es darum gehen, wie Lebensmittel im Mittelalter möglichst lange haltbar gemacht wurden. Dafür entscheidend sind die beiden Aspekte Lagerung, d.h. worin oder an welchem Ort bewahre ich Lebensmittel auf und Konservierung, d.h. wie behandle ich Lebensmittel.

 

Liber de Coquina: (1)

 

"Unde ut alibi discribetur, melius et laudabilius est rem aliquam in sua bonitate conservare, ne corrupatur, quam ipsam
iam corruptam ad pristinum statum redeucere."

 

„Daraus folgt, wie an anderer Stelle ausgeführt werden wird, dass es besser und lobenswerter ist, irgendeine Sache in ihrer Qualität zu bewahren, damit sie nicht verdirbt, als sie, wenn sie bereits verdorben ist, in den Originalzustand
zurückzuversetzen.“

 

Dieses kurzes Video veranschaulicht an ausgewählten Methoden wie im Mittelalter Lebensmittel gelagert und konserviert wurden: Erde statt Kühlschrank, 3sat (6 Minuten).

Lagerung

Gefäße

Unter dem Punkt Küchenutelnsilien werden damals gebräuchliche Gefäße zum Lagern und Konservieren aufgezählt. Die dort im Album abgebildeten Gefäße aus unserem Fundus sind Rekonstruktionen, wie sie im 13. jahrhundert in der Region um Hachenburg möglicher weise verwendet wurden.

Gefäße zur Lagerung mit verschiedenen Verschlusssytemen. Von Links nach Rechts: Einfacher Deckel aus Keramik, Holzkorken mit Leinentuch, Leder, Wachstuch (Leinen in Bienenwachs getränkt) und Schweineblase.
Gefäße zur Lagerung mit verschiedenen Verschlusssytemen. Von Links nach Rechts: Einfacher Deckel aus Keramik, Holzkorken mit Leinentuch, Leder, Wachstuch (Leinen in Bienenwachs getränkt) und Schweineblase.

Kühle Orte

Eine Möglichkeit im Mittelalter Lebensmittel eine Zeit lang haltbar zu machen, war es, sie zu kühlen. Folgende Varianten gab es / sind denkbar:

 

  • Keller und Grubenhäuser (2)
  • Kühlgruben
  • Wasserkühlung in stehenden und fließenden Gewässern
  • Kühlung durch feuchte Tücher
  • Importiertes Eis (3)

 

Für unsere Darstellung relevant / möglich sind alle bis auf das importierte Eis. Ein Handel und eine Verwendung von Eis ist hauptsächlich für die Antike im Mittelmeerraum und die Neuzeit mit dem Bau von Eiskellern nachweisbar. Dazu kam, dass Eis ggf. sehr teuer war. (3)

 

In zwei kleinen Experimenten möchte ich eine maximale Kühlung vor Ort versuchen zu erzeugen.

 

Beim ersten Versuch habe ich versucht eine kleine Flasche Limonade bei hochsommerlichen 38°C Außentemperatur so kühl wie möglich zu halten (siehe kleine Fotostrecke unten). Da wir ein altes Haus mit einem Keller haben, der sich ein Stück weit mit den Kellern in den Häusern Hachenburgs des 13. Jahrhunderts vergleichen lässt, habe ich mir die kälteste Nische gesucht (20°C) und dort einen Holzeimer mit kaltem Wasser aufgestellt. In das Wasser kam mein Behälter mit der Limonade und als Deckel bekam meine Konstruktion ein nasses Leinentuch um noch für etwas Verdunstungskühle zu sorgen. Nach einem halben Tag habe ich es geschafft meine Limonade auf 13°C herunter zu kühlen. 

Beim zweiten Versuch habe ich versucht eine Karotte in einer Kühlgrube hinter unserem haus zu kühlen:

 

  •  Ein schattiger Platz
  •  möglichst tief graben (hier 30 cm)
  • Grube befüllen (Karotte) und mit Stöcken abdecken.
  • Als Deckel ein feuchtes Leinentuch, was für Verdunstungskühle sorgt.
  • Bei 32°C Außentemperatur im Schatten kam ich nach etwa 3 Stunden auf 22°C Kühltemperatur in der Grube.

 

Der Effekt lässt sich durch ein tieferes Loch und feuchte Erde sicher noch verbessern.

 

Die Nutzung von Grubenhäsuern als begehbare Kühlgruben in "Kellerform" im Mittelalter ist sehr wahrscheinlich. (2)

Trockene Orte

Um trockene Lebensmittel (z:B. Trockenobst, Trockenfleisch und Gewürze) vor Feuchtigkeitsbefall sind aus Überlieferungen folgende Methoden bekannt: (4) (5) (6)

  • Lagerung in trockenenen und luftigen Behältern (z.B. im Korb, gut geeignet für getrocknete Kräuter)
  • Lagerung auf dem Dachboden (warm und gut belüftet)
  • Lagerung in feuchtigkeitsbindenden Mitteln wie z.B. Sand, Asche und Haferspreu (bei Trockenobst angewendet)
  • Das "Einmieten" bzw. Vergraben im Garten. (9)
  • Das Aufbewahren in Schweinsblasen

Konservierung

Bei der Konservierung kan man drei Arten der Konservierung unterscheiden: (5)

  • Indem man den Schadorganismus beseitigt und einen erneuten Kontakt verhindert (z.B.: Räuchern, Einkochen).
  • Indem man dem Schadorganismus eine benötigte Lebensgrundlage entzieht (z.B.: Trocknen, Einsalzen, Kühlen).
  • Indem man die Entstehung von Schadorganismen durch Zusatzstoffe verhindert (z.B.: Pökeln, Einlegen).

Im folgenden werden verschiedene Verfahren kurz vorgstellt, die wir, zumindest teilweise, auch selbst ausprobiert haben (siehe Rezepte).

 

Einsalzen und Pökeln

Einsalzen und Pökeln werden heute synonym verwendet. Beiden gemeins ist, dass man Zusatzstoffe verwendet um den schädlichen Bakterien im Lebensmittel (z.B. Fleisch) die Grundlage zur Vermehrung und Ausbreitung genommen wird.  Dies geschieht beim Einsalzen, wie beim Pökeln durch das Einlegen in Salz. Dadurch verändert sich jedoch Farbe, Geruch und Geschmack. Um diese möglichst zu erhalten verwendet man beim Pökeln noch zusätzlich weitere Stoffe wie z.B. Nitrit oder Nitrat. (5) (7)

Meist schließt sich an das Einsalzen bzw. Pökeln noch ein weiterer Prozess der Haltbarmachung wie z.B. Räuchern oder Trocknung an. Beliebte Fleischsorten für das Pökeln waren und sind Schwein und Rind. (7)

Im Mittelalter pökelte man in Holzfässern die gleichzeitig auch zum Transport benutzt wurden. (8)

Trocknen bzw. Dörren

Beim Trocknen bzw. Dörren wird Lebensmitteln Wasser entzogen, was sie gewöhnlich bei trockener Lagerung sehr lange haltbar macht. Ein weiterer, positiver Effekt ist, dass sich Volumen und Gewicht verringen und somit ggf. Lagerung und Transport erleichtern. (6) (10)

 

Zum Trocknen kann man z.B. die Wärme eines Backofens, eines Dachbodens oder eines warmen, luftigen Platzes nutzen. Direkte Sonne ist zwar Wirkungsvoll, entzieht aber dem Lebensmittel ggf. Aroma. (10) Wichtig ist dabei zu beachten, dass die Temperatur weder zu heiß noch zu kalt und der Ort gut belüftet ist.

 

Gut zum Trocknen eigen sich z.B. Obst (siehe Rezepte: Apfelleder, Latverge), Fleisch (siehe Rezepte: Trockenfleisch) und Kräuter (siehe Rezepte: Trockene Kräuter).

 

Weitere, interessante Informationen rund ums Trocknen gibt es hier.

Räuchern

Räuchern ist wie weiter oben schon erwähnt eine Methode die nach dem Einsalzen bzw. Pökeln angewendet wird um Lebensmittel noch haltbarer zu machen und ihren Geschmack positiv zu verändern. Vorwiegend wurden Fisch und Fleisch geräuchert. (10)

 

Beim "kalten Räuchern" wurde das Fleisch über den Herd bzw. über ein Feuer gehängt, um dem Rauch das Eindringen zu ermöglichen ohne es dabei zu garen. (5) (8)

Beim "heißen Räuchern" brauchte man noch einen speziellen Räucherofen. (8)

Einlegen

Eigene weitere Methode des Konservierens ist das Einlegen in konservierende Flüssigkeiten. Folgende Möglichkeiten sind mir bekannt: (4) (5) (8) (10)

 

  • Wein (z.B. Obst)
  • Met (z.B. Obst)
  • Essig, Einsäuern(z.B. Fisch, Geflügel, Gemüse, Eier, Käse, Kräuter) häufig genuzt
  • Salzlake (z.B. Gemüse, Obst, Fisch, Eier)
  • Oxymel bzw. Sauerhonig, ein Gemsich aus Essig und Honig (z.B. Obst)
  • Öl (z.B. Käse, Kräuter, Gemüse, Fleisch, Fisch)
  • Flüssigkeiten, wie z.B. Essig, mit Gewürzen wie z.B. Kümmel, Senfkörner, Lorbeerblätter und Wacholderbeeren (z.B. Gemüse)
  • Fett
  • Versiegeln mit Gips, Lehm, Töpferton (z.B. Obst)
  • Einreiben mit Wachs oder Speck (z.B. Eier)
  • Kalkmilch, eine Mischung aus Wasser und Kalk (z.B. Eier)
  • Honig (z.B. Obst, Fleisch, Geflügel, Butter) war zum Konservieren teuer und wurde stattdessen zum Süßen verwendet
  • Zucker (z.B. Obst) war meist zu teuer und kaum verbreitet

Quellen

1 - Maier, Robert: Liber de Coquina, Das Buch der guten Küche. Freising, 2017.

2 - http://www.archaiabrno.org/media/doc/11_fuma_ii_kuntzel_de.pdf

3 - https://de.wikipedia.org/wiki/Eiskeller

4 - http://www.kleio.org/de/geschichte/mittelalter/alltag/kap_iv12/

5- https://mail.google.com/mail/u/0/#inbox/164e035c1da32bd7?projector=1&messagePartId=0.1

6 - Wiswe, Hans: Kulturgeschichte der Kochkunst, Kochbücher und Rezepte aus zwei Jahrhunderten mit einem
lexikalischen Anhang zur Fachsprache von Eva Hepp. München 1970.

7 - https://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%B6keln

8 - Fischer, Doris: Kochen wie im Mittelalter, Geschichte Zutaten, Rezepte. Darmstadt, 2015. (Webseite der Autorin)

9 - Seymor, John: Das große Buch vom Leben auf dem Lande. Berlin 2002.

10 - Schulz, Anne: Essen und Trinken im Mittelalter (1000-1300), Literarische, kunsthistorische und archäologische Quellen. De Gruyter, Berlin 2011. (Leseprobe)