Auf diese Seite findet man zum einen Informationen, was an Besteck, Geschirr und sontigem Gerät an einem Esstisch des 13. Jahrhunderts üblich war und zum anderen, welche Umgangsformen und Sitten an einer Tafel üblich waren. Die meisten Informationen erstrecken sich, ähnlich wie bei überlieferten Rezepten, auf den Bereich des höfischen Essens.
Hier stellten wir uns die Fragen aus welchen Materialien verschiedene Dinge des Gedecks gefertigt waren und welcher Stand welche Materialien verwendet hat.
Verwendete Materialien erstrecken sich über eine große Bandbreite von allen möglichen Hölzern (geschnitzt oder gedrechselt), Metallen, Keramik und seltener auch Glas. Unter den einzelnen Gegenständen werden die verschiedenen Materialien auf dieser Seite noch einmal genauer erläutert.
Weitaus interessanter für eine historische Darstellung ist natürlich die Antwort auf die zweite Frage. Grundsätzlich kann man sagen, dass damals wie heute der Preis für einen Gegenstand darüber entschied, ob man ihn sich leisten konnte. Edelmetalle und anfangs auch Glas waren somit eher im Bereich des Adels zu finden. Alle anderen Materialien findet man jedoch ständeübergreifend auf den jeweiligen Esstischen. Der Unterschied hier macht die Art der Verarbeitung: Um so kunstvoller, umso teuerer. (3)
Mittelalterliche Tische des 13. Jahrhunderts, zumindest in festlichem bzw. höfischen Kontext, waren eigentlich immer mit weißen, oft bodenlangen Tischtüchern aus Leinen belegt. Manchmal wurde
auch noch eine Überdecke, manchmal auch bestickt, in Größe der Tischeplatte daraufgelegt. (1) (3)
Manchmal sieht man in Abbildungen oder liest in historischen Schilderungen von mit Daunen gefüllten Sitzkissen (mhd. plûmît) bei Tisch. Es ist aber eher davon auszgehen, dass dies nicht die Regel war sondern Kissen hauptsächlich zu festlichen Anlässen verwendet wurden. (3)
Zum Besteck des 13. Jahrhundert zählten Messer, Löffel, ggf. Gerät zum Tranchieren bzw. Vorlegen und die Hände. Gabeln wurden in den allermeisten Fällen nicht verwendet, obwohl sie schon bei den Römern bekannt war und zu späterer Zeit bis heute eine Renaissance findet. Spekulationen um eine Begründungen für das Fehlen zu finden sind oft sehr abenteuerlich und meist nicht belegbar. (3) (4) Interessante Informationen und Gedanken zum Thema Gabel im Mittelalter findet man z.B. hier auf der Seite www.blog.histofakt.de
Messer waren aus Eisen geschmiedet, an einer Seite scharf und vorne angespitzt. Man kann grundsätzlich zwei Formen für das 13. Jahrhundert unterscheiden: Griffangelmesser und Griffzungenmesser / Griffplattenmesser. Griffangelmesser sind so beschaffen, dass die Klinge des Messer am Griffende in einen langen Docht endet, der vom eigentlichen Griff (meist ein gebortes Stück Horn, Knochen oder Holz) umschlossen wird. Das Ende des Dorns wird entweder umgebogen oder bildete eine Art Platte oder Kopf, damit der Griff hält. Griffzungenmesser dagegen haben keinen Docht sondern eine Art gelochtes Eisen auf das als Griff von beiden Seiten jeweils eine Platte aus Holz, Horn oder Knochen gelegt wird. Die Platten werden druch Nieten mit dem Messer befestigt. Die Form des Griffangelmessers ist statistisch die dominierende Form für das 13. Jahrhundert. (3) (5) Weitere, sehr detailierte Informationen zu Messern findet man z.B. in der Arbeit von Wulf Holtmann.
Messer wurden oft von den Gästen selbst mitgebracht und eher selten vom Gastgeber gestellt. (3)
Löffel waren meist aus Holz geschnitzt, selten aus Metall gefertigt. Sie dienten damals wie heute zur Aufnahme von flüssigen und halbfesten Speisen. Je nachdem wie Stil und Laffe geformt waren, kann man sie sowohl zeitlich als auch in der Art, wie mit ihnen gegessen wurde einordnen. (3) Laffen konnten entweder schmal oder breit geformt sein und die Stiele entwerder kurz oder lang. Besonders bei kurzen Stielen ist davon auszugehen, dass man den Stiel beim Essen mit der ganzen Faust umschloss, was als gängige Methode fürs Mittelalter gilt. Bei Langstieligen Löffeln ist auch / eher ein Greifen mit Daumen, zeige- und Mittelfinger denkbar, wie es auch heute üblich ist. Die Stiele konnten entwerder einfach geschnitzt oder auch reich verziert sein (z.B. "Krokodillöffel" aus Konstanz). (6) Interessant ist, dass Löffel in Illustrationen von Festmählern selten bis garnicht auftauchen, obwohl durch archäologische Funde gesichert ist, dass man sie durchaus verwendet hat. (3)
Oft findet man auf Abbildungen des höfischen Festmahls relativ breite Messer mit einem ungewöhnlich geformten Ende (z.B. schwalbenschwanzförmig). Die Messer dienten vermutlich zum Aufschneiden und Vorlegen des Essens (meist Fleisch oder Brot), oft durch einen Diener oder den Truchsess. (4)
Zum Geschirr, dass auf die Tafel kam gehörten eine Vielzahl von Schalen, Bechern, Kannen und Trinkgefäßen aus verschiedenen Mateialien.
Etwas, was man kaum bis garnicht findet sind Teller, auch wenn es sie bereits gab. Als eine mögliche Alternative zu Tellern haben flache Brotscheiben gedient. (2) (3) Kleine Brotleibe (rund oder halbrund) wurden oft auf den Tischen ausgelegt bevor das Essen aufgetischt wurde. (3)
Schalen (flach oder mit Fuß) waren entweder aus Steingut gefertigt bzw. aus Holz gedrechselt oder in Form von Daubenschälchen (Böttcherware bei der Holzplättchen mit Weidenruten zusammgehalten werden, ähnlich wie bei Eimern oder Fässern) in Verwendung. Das selbe gilt auch für Becher. Pokale konnten entweder gedrechselt oder aus Metall gefertigt sein. Es gab sie als einfachen Pokal oder mit hohem Deckel, auch Doppelkopfpokal genannt. (4) Kannen waren oft aus Steingut, kamen aber auch aus Holz in gedrechselter Form vor. (3) (4) (6) Interessant ist, dass man bei hölzernen Gefäßen manchmal Bodenmarken (Buchstaben, Zeichen usw.) findet, die entweder auf den Hersteller oder den Besitzer hinweisen sollten. (3) Frühes Steingut kam aus dem Rheinland bei Siegburg und ist und wurde in weite Teile Europas exportiert. (7) Weitere interessante Informationen und Beispiele zu Keramik aus dieser Zeit findet man z.B. bei www.ilja-frenzel.de.
Gläser wurden im Gegensatz zur Antike und späteren Zeiten selten verwendet, waren teuer und meist einfarbig (grün oder hellblau) oder kunstvoll mit Emaille bemalt. Zwei relativ weit verbreitete Trinkglasformen ab dem 13. jahrhundert waren der Nuppenbecher, erkennbar an aufgesetzten Glastropfen an der Außenseite und der Rippenbecher, erkennbar an einem Vertikalen "Rippendekor" aus Glas. (1) (3) (4)
Beispiele von Geschirr aus Glas
Das von den Gästen benötigte Gerät zum Verspeisen des Essens wurde in der Regel paarweise aufgetischt, d.h. man teilte sich mit seinem Sitznachbarn Schalen, Brot und Becher. Um seinen Sitznachbarn beim Essen nicht zu behindern war es z.B. üblich mit der jeweils ihm abgewandten Seite zu essen und zu trinken. (1) (3)
Zu einer mittelalterlichen Tafel gehörte auch die Verwendung von Handwaschgarnituren. Diese bestanden in der Regel aus einer Kanne mit Wasser (Aquamanile), die oft die Form eines Lebewesens hatte und kunstvoll gestaltet war, einer Auffangschale und einem schalförmigen Handtuch aus Leinen, mhd. twehel,(ca. 30 cm breit und 2 m lang). (1) (4) Aquamanile und Auffangschale konnten aus verschiedenen Materialien hergstellt sein, wie z.B. Bronze, Kupfer, Messing oder Steingut. Alternativ zu einer Aquamanile konnte auch eine Schale mit kleinen Ausgußlöchern eingesetzt werden. Manche dieser Schalen waren sogar aufwändig mit Emaille verziert. (3)
Das Händewaschen funktionierte so, dass ein Diener mit Handtuch um den Hals und Schale wie Aquamanile in den Händen zu den Gästen kam und die Schale vor ihnen auf dem Tisch abstellte. Wärend der Gast seine Hände über die Schale hielt goß der Diener ihm Wasser über die Hände bis dieser fertig mit Waschen war. Danach trocknete er sich an dem Handtuch des neben ihm stehenden Dieners ab. (1) Interessant ist, dass man in Abbildungennier Aquamanilen sieht, die auf einer Tafel stehen. (3) Eine einfache Erklärung hierfür könnte sein, dass sie nur von Dienern gebracht wurden, wenn sie benötigt wurden und der Diener nach dem Händewaschen mit seiner kompletten Garnitur wieder im Hintergrund verschwand.
Als Beleuchtung dienten neben dem Tageslicht damals, Talg- und Öllampen, Kinspäne und Laternen und Leuchter die mit Kerzen besetzt werden konnten. (4) Letztere werden zwar in der Literatur erwähnt, tauchen aber niemals auf bildlichen Darstellungen auf. (3)
Als Tischdekoration ist außer dem Essen und den dazu notwendigen Gerätschaften nichts für das 13. jahrhundert überliefert. Blumenvasen z.B. finden sich erst ab dem 14. Jahrhundert. (4)
In der Literatur findet man Hinweise, dass die Räume durchaus dekoriert wurden, wenn ein Festmahl anstand, z.B. durch Teppiche an Wand und auf Böden, Sitzkissen, auf dem Boden verstreuten Blumen oder aromatischen Würzstoffen. (3)
Tische wurden entweder als lange Reihe an einer Tafel oder in Einzelgruppen gestellt. Die Dichtung um König Arthus erwähnt darüber hinaus auch eine runde Tischform um keinen Gast zu benachteiligen. Diese Sitzordnung gehört aber vermutlich nur in den Berreich der Fiktion. (4) Bei der Sitzordnung gab es oft eine feste Reihenfolge, die beim Hausherrn und seinen Ehrengästen in der Mitte als wichtigste Personen begann und mit zunehmendem Abstand eine Rangabstufung beinhaltete. (1) (3)
Gegessen wurde im Mittelalter üblicher Weise zwei mal am Tag: Zu Mittag zwischen 10 und 11 Uhr und zu Abend zwischen 16 und 19 Uhr. Wer Tagsüber schwer arbeiten musste hatte oft noch ein Frühstück. Gleiches galt auch für Kinder und Kranke. (12)
Im Hochmittelalter gab es einen Teil der Literatur, der sich mit höfischen Benehmen und somit auch Verhaltensregeln zu Tisch beschäftigte. Höfisch ist ursprünglich der Mensch, der zur Gesellschaft des fürstlichen Hofes gehört, dann aber spezialisiert: Der Mensch, der die Qualitäten aufweist, die in dieser Gesellschaft erfordert werden. „hövisch“ steht im Gegensatz zu „dörper“ (Tölpel), der Ritter im Gegensatz zum Bauern. Der höfische Mensch als der gebildete Mensch ist auch der erzogene Mensch. Höfische Existenz ist als Haltung oder Stil zu verstehen. Sie ist eine Gestalt, kein System. Es gibt demnach kein geregeltes Tugendsystem. (3) (8) (9)
Es gab verschiedene Werke, die sich mit der Erziehung höfischer Menschen und somit auch mit "Tischzuchten" beschäftigten.
Eher kurze, lateinisch verfasste Werke der Spätantike und des 12. Jahrhunderts sind z.B.: (9) (10)
Disciplina clericalis
Urbanus Magnus
Große didaktischen Werke des 13. Jahrhunderts in Volkssprache sind z.B.: (3) (9) (10)
Im folgenden haben wir aus verschiedenen Werken Regeln aufgelistet, die sich zum Thema "Tischzucht" im höfischen Bereich finden:
Disciplina clericalis:
Facetus cum nihil utilius:
Quisquis es in mensa:
Der welsche Gast:
Tannhäusers Hofzucht:
Zusammenfassend kann man folgende, grundlgegende Anliegen des höfischen Umgangs bei Tische aus den damals bekannten Regularien herauslesen:
Da das Hochmittelalter stark vom christlichen Glauben gepärgt war, ist es nicht unwahrscheinlich das vor (den meisten) Mahlzeiten auch außerhalb des Klosters, gebetet wurde. Aus manchen Werken sind uns Tischgebete bzw. Tischsegen überliefert: (1) (3)
Tannhäusers Hofzucht:
"ze dem ezzen solt ir sprechen sus,
als ir dar zuo gesezzen sît,
'gesegene uns her Jesu Christus'"
"Wenn ihr euch zum Essen setzt,
sollt ihr sprechen:
Segne uns Herr Jesus Christus."
Willehalm (Wolfram von Eschenbach):
"er wunschte daz der gotes segen
ir spîse in lieze wol gezemen"
Benedicite (Klösterliche Regel, Empfehlung in Freindanks Bescheidenheit): (11)
"BENEDICITE, omnia opera Domini, Domino; laudate et superexaltate eum in saecula.
BENEDICITE, caeli, Domino, benedicite, angeli Domini, Domino.
BENEDICITE, aquae omnes, quae super caelos sunt, Domino, benedicat omnis virtutis Domino.
BENEDICITE, sol et luna, Domino, benedicite, stellae caeli, Domino.
BENEDICITE, omnis imber et ros, Domino, benedicite, omnes venti, Domino.
BENEDICITE, ignis et aestus, Domino, benedicite, frigus et aestus, Domino.
BENEDICITE, rores et pruina, Domino, benedicite, gelu et frigus, Domino.
BENEDICITE, glacies et nives, Domino, benedicite, noctes et dies, Domino.
BENEDICITE, lux et tenebrae, Domino, benedicite, fulgura et nubes, Domino.
BENEDICAT terra Dominum: laudet et superexaltet eum in saecula.
BENEDICITE, montes et colles, Domino, benedicite, universa germinantia in terra, Domino.
BENEDICITE, maria et flumina, Domino, benedicite, fontes, Domino.
BENEDICITE, cete, et omnia, quae moventur in aquis, Domino, benedicite, omnes volucres caeli, Domino.
BENEDICITE, omnes bestiae et pecora, Domino, benedicite, filii hominum, Domino.
BENEDIC, Israel, Domino, laudate et superexaltate eum in saecula.
BENEDICITE, sacerdotes Domini, Domino, benedicite, servi Domini, Domino.
BENEDICITE, spiritus et animae iustorum, Domino, benedicite, sancti et humiles corde, Domino.
BENEDICITE, Anania, Azaria, Misael, Domino, laudate et superexaltate eum in saecula.
BENEDICAMUS Patrem et Filium cum Sancto Spiritu; laudemus et superexaltemus eum in saecula.
BENEDICTUS es in firmamento caeli et laudabilis et gloriosus in saecula.
Amen."
Im folgenden werden die meisten Dinge unseres Tischgedecks aufgeführt. Da wir uns Mühe geben uns möglichst nah an Gegebenheiten des 13. Jahrhunderts anzunähern sind die meisten Gegenstände Originalen aus der Zeit nachempfunden. Gleichzeitig versuchen wir unseren Bestand ständig zu erweitern und verbessern und wissen, dass leider noch nicht alles perfekt ist... ;)
Gerne stehen wir für Rückfragen zur Verfügung.
Quellen:
1 - Fischer, Doris: Kochen wie im Mittelalter, Geschichte Zutaten, Rezepte. Darmstadt, 2015. (Webseite der Autorin)
2 - Rüffer, Jens: Orbis Cisterciensis - Zu Geschichte der monastischen ästhetischen Kultur im 12. Jahrhundert, Lukas verlag, 1999. (Leseprobe)
3 - Schulz, Anne: Essen und Trinken im Mittelalter (1000-1300), Literarische, kunsthistorische und archäologische Quellen. De Gruyter, Berlin 2011. (Leseprobe)
4 - Trauth, Gösta Ditmar: Alltag und Sachkultur des Mittelalters, Teil 1 Alltagsaspekte von Adel bis Zimmermann. Münster 2006.
5 -Holtmann, Wulf: Untersuchung zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Messern. Göttingen 1993. (Als PDF frei online)
6 - Müller, Ulrich: Holzfunde aus Freiburg und Konstanz. Stuttgart 1996.
7 - https://www.ilja-frenzel.de/?page_id=952
8 - De Boor, Helmut: Geschichte der deutschen Literatur (Band 2), C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1953.
9 - http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/Quellenband/Sonderdrucke/HS_35.pdf
10 - https://de.wikipedia.org/wiki/Tischzuchten
11 - https://en.wikipedia.org/wiki/Benedicite
12 - Lauriox,Bruno: Tafelfreuden im Mittelalter, Belser Verlag Stuttgart 1992.