Adaptionen und umgearbeitete Vorlagen

In diesem Beitrag findet man Gedichte die ich aus historischen Vorlagen des Hochmittelalters entwickelt habe. 

Deti maej ob

Ich freute mich am Leben schön,

und ging in Wald und Feld,

dort hab ich einen Spatz gesehn,

der hat mir dies erzählt:

Deti maej ob, deti maej ob, deti maej ob.

 

Ich kam an einen Bach im Tal,

und sah der Wellen Glanz,

da sprangen Fische ohne Zahl,

und murmelten im Tanz:

Deti maej ob, deti maej ob, deti maej ob.

 

Ich ging zu einen Kloster nah,

und sah den Rosenstrauch,

in schönster Blüte offenbar,

sang er die Worte auch:

Deti maej ob, deti maej ob, deti maej ob.

 

Ich kehrte heim in meine Stadt,

zu Glück und Frau und Heim,

auf dass ich eins gelernet hab,

dies soll mein Leben sein:

Deti maej ob, deti maej ob, deti maej ob.

 

Hördatei des Gedichts

 

Erläuterungen:

 

Für das Folgende Gedicht wurde ich von einem rätselhaften Gedicht von Herzog Johann von Brabant inspiriert:

 

Gedicht

 

Bis heute ist nicht eindeutig bekannt, was uns der Dichter mit "Harba lori fa" sagen wollte...

 

Mein Gedicht hat einen ähnlichen Aufbau. Die Strophen enden jeweils mit "Deti maej ob". Was es jedoch zu bedeuten hat, verrate ich nicht. Viel Spaß beim Lesen und Rätseln...

AVA

Dies Lied ein Vater dichtete,

von Kindern, dreien an der Zahl,

von Freude er berichtete,

hat er sie lieb, fern aller Qual.

 

So bitt ich alle, groß und klein,

wer immer diese Verse liest,

soll ihrer Seelen wünschend sein,

dass Gott sie segnend übergießt.



Erläuterungen:


Dies ist ein Gedicht vor, bei dem ich von einem Werk der ersten bekannten Dichterin in deutscher Sprache inspiriert wurde. Ihr Name war AVA und sie lebte von 1060 bis 1127.

 

Infos zu AVA 

 

Die Vorlage ist ein Ausschnitt eines längeren Textes und ist ein Aufruf zur Fürbitte für die eigenen Kinder:

 

" Dieses Buch dichtete zweier Kinder Mutter.

Die sagten ihr diesen Sinn. Große Freude war unter ihnen.

Der Mutter waren die Kinder lieb, der eine von der Welt schied.

Nun bitte ich euch alle, Große und Kleine,

Wer auch immer dieses Buch lese, dass er seiner Seele Gnaden wünschend sei.

Und dem einen, der noch lebt und der in den Arbeiten strebt,

Dem wünschet Gnaden und (auch) der Mutter, genannt AVA."

Lebe du strahlendes Licht

Lebe, du strahlendes Licht,

und strahle als ewige Sonne,

sogleich der Tag uns anbricht,

und kündet aus ewiger Wonne:

 

Der aus der Wiege schon hellest den Tag,

du Sohn des Glücks, du glücklicher Sproß,

der zu erneuern den Erdkreis vermag,

des Himmels Lieb, aus edelstem Schoß.

 

Hördatei des Gedichts

 

 

Erläuterungen:

 

Petrus de Ebulo schrieb in nahezu prophetischer Weise über die Geburt Friedrichs II. in seinem "Liber ad honorem Augusti" (dem Buch zu Ehren des Kaisers) folgendes über die Geburt des großen staufischen Kaisers Friedrich II.:

 

"Lebe, Du strahlendes Licht, und strahle als ewige Sonne,

der aus der Wiege du schon hellest den düsteren Tag!

...

zu erneuern bestimmt den Erdkreis und das Reich.

...

Lebe, du Sohn des Glücks, du glücklicher Sprößling der Eltern!

Lebe, erlauchtestes Kind,lebe, erlauchter Knabe!"

 

Ich habe diese Übersetzung der Zeilen aufgegriffen.

Das Rheingold

1.Als Siegfried einst ermordet war,

und Hagen nahm sein ganzes Gold,

als er es bot den Wellen dar,

und es dem Rheine geben wollt,

da nahm der Fels sich jeden Stein,

und jede Münz , den ganzen Schatz,

in harten Grund sank alles ein,

so fiel es tief an seinen Platz.

 

2. Im nassen Tal gilt heut die Kund:

Stadt auf, stadt ab wächst ihnen Wein,

doch dienet ihnen auch der Grund,

der Hort kann nur im Lurlberg sein.  

Doch statt zu graben liebt und lacht,

vom Lurlberg zum Dreikönigsschrein,       

ein jeder, der vom Wein entfacht,                             

so fröhlich lebt's sich heut am Rhein.

           

So steckt des Rheines goldig Leben,

nicht im Schatz, nein in den Reben.

 

Hördatei des Gedichts

 

 

Erläuterungen:

 

Dieses Gedicht wurde als Anlehnung an ein paar Verse des Dichters Konrad Marner geschrieben. Er schrieb 1245: "Stadt auf, Stadt ab wächst ihnen Wein, Ihnen diente auch des Rheines Grund, Der Nibelungen Hort liegt in dem Lurleberg  (Loreley)".

Hoheslied

Viele Blumen stehn im Garten,

wachsen, wuchern, ranken, blühn,

tausend wunderschöne Arten

um die Schönheit sich bemühn.

 

Und ich hör wie alle lispeln:

"Eine Lilie unter Disteln,

warum ich nur nicht so bin,

mit meinen Farben, Ranken, Fädchen?"

 

Doch so erscheint nur meine Freundin,

schön unter allen andern Mädchen.



Erläuterungen:


Das Gedicht spielt auf einen Bibelvers aus dem Hohenlied Salomos an, in dem ein Verliebter seine Geliebte beschreibt. Dort heißt es:  "Eine Lilie unter Disteln – so erscheint mir meine Freundin unter allen anderen Mädchen." (Hoheslied 2,2)